#Allesdichtmachen: Schwurbeln für Promis

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#Allesdichtmachen: Schwurbeln für Promis

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Veröffentlicht von Jürgen Lessat in Corona-Pandemie · 27 April 2021
Tags: allesdichtmachen
Sind die Videostars von #allesdichtmachen verrückte Querdenker? Initiator Dietrich Brüggemann fabuliert wie ein Corona-Leugner, Schauspieler Jan Josef Liefers zitiert Verschwörungsmythen, und empört distanzieren sich alle. Ihr großes Verdienst: Mit ihrer geballten Schwurbelei haben sie die Delegitimierung des Staates salonfähig gemacht.

Nein, nicht der Stuttgarter Querdenken-Gründer Michael Ballweg sorgte für den intellektuellen Tiefpunkt in der Corona-Pandemie. Dieses Privileg beanspruchen über 50 deutsche Schauspieler/innen, darunter so prominente Mimen wie Meret Becker, Ulrike Folkerts, Jan Josef Liefers und Ulrich Tukur. Durch kurze Videobeiträge, die sich unter dem Hashtag #allesdichtmachen vermeintlich satirisch mit der deutschen Corona-Politik auseinandersetzen.

Doch die als "Kunst" apostrophierte Aktion ging in die Hose. Viele Betrachter empfinden die Clips, etwa den Mülltüten-Auftritt von "Tatort"-Kommissar Richy Müller, bestenfalls als zynisch, vor allem aber empathielos gegenüber 80.000 Coronatoten, deren Hinterbliebene sowie den unzähligen Erkrankten, die auf Intensivstationen liegen oder an Langzeitfolgen einer Covid19-Infektion leiden. Kritiker sehen die Videos als Schlag ins Gesicht von Ärzten, Pflegekräften und Wissenschaftlern, die seit einem Jahr gegen das Virus und seine dramatischen Folgen kämpfen.
Der gewaltige Widerspruch veranlasste einige Schauspieler/innen inzwischen , ihr "Kunstwerk" offline zu setzen. Heike Makatsch, die als erste löschte, gestand wachsweich, "womöglich" einen Fehler gemacht zu haben. Müller postete, sich mit der Aktion nicht im Detail auseinandergesetzt zu haben. Andere führten den (unerwarteteten) Beifall von Corona-Leugnern und Rechten als Löschungsgrund an. Manche ruderten stillschweigend zurück.

Publikumbeschimpfung in Pandemiezeiten - egal, ob künstlich beatmet oder symptomlos: #allesdichtmachen-Initiator Dietrich Brüggemann. Quelle: wikimedia, Paul Katzenberger
Publikumbeschimpfung in Pandemiezeiten - egal, ob künstlich beatmet oder symptomlos: #allesdichtmachen-Initiator Dietrich Brüggemann. Quelle: wikimedia, Paul Katzenberger

Fast trotzig stehen "Tatort"-Schauspieler Jan Josef Liefers, alias Prof. Karl-Friedrich Boerne, sowie der Filmregisseur Dietrich Brüggemann weiter bedingungslos zu der Aktion. Vor allem Brüggemann, der sich als einer der Initiatoren zu erkennen gab, teilte an Kritiker aus. "Irgendwie ein bißchen faschistoid, dieser Mob", schrieb der 45-Jährige auf Twitter, nachdem der Shitstorm zu #allesdichtmachen losgelegt hatte. "Die Videos verhöhnen nicht die Opfer der Corona-Pandemie und auch nicht das medizinische Personal, sondern: Euch. Und Publikumsbeschimpfung ist die erste Aufgabe der Kunst", twitterte er. "Die Reaktion zeigt: Es hat funktioniert."

Die zahlreichen öffentlichen Einlassungen von Brüggemann stehen nicht nur für Trotzkopf. Sie verraten auch eine "Denke", die sich mit der Ideologie der Querdenken-Szene deckt. Schon vor #allesdichtmachen postete er regelmäßig Statements, die sich so auch in den einschlägigen Foren der Corona-Zweifler finden.
Beispielhaft sei aus Brüggemanns Blog zitiert, in dem er den Pandemie-Lockdown mit Todesstrafe und Mauerbau vergleicht:

Es sind jeweils zivilisatorische Errungenschaften. Man sperrt seine Bürger nicht ein, man erschießt sie nicht an der Grenze, man richtet Verbrecher nicht hin, und man verbietet nicht weite Teile des öffentlichen und kulturellen Lebens, woraufhin Menschen ihre Existenz verlieren, in Armut und Depression abstürzen, und Kinder und Jugendliche ein Jahr oder mehr ihrer Entwicklung versäumen (nicht weil Schule ausfällt, sondern weil ALLES ausfällt).

Lockdown, Todesstrafe und Mauerbau haben außerdem noch eine andere Gemeinsamkeit: Jeder Tabubruch ist ein Dammbruch. Wenn man mal Todesstrafe hat, kann man sie auch für immer kleinere Vergehen verhängen. Wenn die Mauer steht, ist der Schießbefehl nicht mehr weit weg. Wenn der erste Lockdown glatt durchgegangen ist und die Zahlen dann (trotz oder wegen oder mit oder an) Lockdown irgendwann gesunken sind und dann wieder hochgehen, dann dauert der zweite Lockdown doppelt so lang und bei der nächsten Grippewelle machen wir sicherheitshaber gleich wieder einen und vielleicht in Zukunft einfach jeden Winter. Und nach so einem Tabubruch, wenn die Maßstäbe dann mal verschoben sind, findet man sich typischerweise in völlig monströsen Diskussionen wieder. Man redet ganz ungerührt über Hinrichtungsmethoden respektive darüber, bei welchem „Inzidenzwert“ man vielleicht eines Tages den Leuten wieder erlauben sollte, ihren gottverdammten Beruf auszuüben und sich mit mehr als einer Person zu treffen.

Wie viele Querdenkenden spielt auch Brüggemann das Provozieren-Relativieren-Ironisieren-Spiel, um Kritiker ins Leere laufen zu lassen, und juristisch auf der sicheren Seite zu bleiben. So fügt er an:

An dieser Stelle wäre dann wohl mal wieder Zeit für das dööfste (ja, mit Doppel-ö) aller Argumente, man kann die Uhr danach stellen, es kommt immer, und es lautet: Du willst also, daß viele Leute sterben und die Gesundheitssysteme überlastet sind?
Klar. Jeder, der Lockdowns kritisiert, will das. Allesamt egoistische Unmenschen.

Der komplette Blogbeitrag ist hier nachzulesen. Es gibt Dutzende weitere Fundstellen auf Brüggemanns Webseite und in seinem Twitter-Account, die seine Querdenke belegen. Aus Platz- und Lesbarkeitsgründen wird hier darauf verzichtet. Schwurbeliges verbreitet er auch in Interviews, die er nach #allesdichtmachen gab, etwa bei "ntv" - natürlich inklusive Distanzierung zu Corona-Verharmlosern:

Wenn wir uns die ganze Welt anschauen, sehen wir keine großartige Korrelation zwischen Maßnahmen und Pandemieverlauf. Da kommen immer mehr Studien, die sagen, Lockdown bringt wenig bis gar nichts. In der Presse steht wenig davon, aber wenn man ein paar internationalen Wissenschaftlern auf Twitter folgt, dann sieht man da schon einiges. Wenn man das in Deutschland sagt, wird man wieder gleich als "Querdenker" beschimpft. Und das ist ein bisschen schwierig.

Wie bei Querdenkern üblich, liefert Brüggemann keine Belege für seine Behauptungen. Könnte er auch nicht, denn seriöse Studien, dass Lockdowns wenig bis gar nicht wirksam sind, gibt es nicht. Das komplette "ntv"-Interview ist hier nachzulesen.

Die Namen der "internationalen Wissenschaftler", denen Brüggemann auf Twitter folgt, liest sich dagegen wie ein Who-is-Who der "Corona"-Leugnerszene. In der Liste finden sich auch Ikonen des rechten Spektrums. So folgt Brüggemann auf dem Kurznachrichtendienst etwa Harvard-Professor Martin Kulldorff (Unterzeichner der umstrittenen "Great Barrington Declaration", der Brüggemann ebenfalls auf Twitter folgt), dem Bonner Virologen Hendrik Streeck (der nach Recherche des Portals "Übermedien" mit seinen Pandemie-Prognosen fast immer daneben lag), Prof. Markus Veit (Apotheker, der Mund-Nasen-Masken als untauglich für Covid19-Infektionsschutz bezeichnete), dem pensionierten Ökonom Prof. Max Otte (der sich für die AfD engagiert und als Hauptredner bei Querdenken-Demos auftritt), dem Verschwörungserzähler Danielle Ganser, der "Bürgerrechtlerin" Vera Lengsfeld, ..... Daneben hat Brüggemann auch die Kleinstpartei "DieBasis", die unter anderem vom Corona-Leugner-Arzt Bodo Schiffmann gegründet wurde, sowie die anonymen Twitter-Kanäle "Corona-Realism" und "Second Opinion" abonniert, die regelmäßig Fakes im Zusammenhang mit Covid19 verbreiten.

Mittlerweile bewirbt Brüggemann auf seinem Twitter-Account die "Freie Linke". "Die Gruppe gehört untrennbar zur Querdenken-Szene, tritt auf deren Demos in Erscheinung und wurde dafür überhaupt erst aufgebaut", schreibt der Journalist Henrik Merker, der Brüggemanns Verbindungen in die Anti-Corona-Szene recherchiert. In der dazugehördenden Telegram-Gruppe "Freie Linke Chat (Widerstand gegen autoritären Corona-Kapitalismus)" existiert als Mitglied auch ein "Dietrich Brüggemann". Unklar ist, ob es sich dabei um den Regisseur handelt, das Profilfoto spricht zumindest dafür. Sicher ist, dass die sogenannten "Freien Linken" erst seit 2. Oktober 2020 existieren, also zu Beginn der 2. Pandemiewelle hierzulande gegründet wurden. Im ersten Statement werden Corona-Maßnahmen indirekt als "protofaschistisch" bezeichnet. Wenig später folgt der Verschwörungsmythos "Great Reset" und ein "Rote Fahne"-Beitrag mit Aufruf zur Querdenken-Demo an Silvester in Berlin.

Zur Freude des Herrn Brüggemann: "Linke Solidarität mit den "mutigen Künstler der Satire-Kampagne". Quelle Twitter
Zur Freude des Herrn Brüggemann: "Linke Solidarität mit den "mutigen Künstler der Satire-Kampagne". Quelle Twitter

Die "Rote Fahne" wird seit 1992 vom Berliner Publizisten Stephan Steins herausgegeben, die laut Wikipedia als antizionistische, geschichtsrevisionistische, verschwörungsideologische Nachrichtenseite seit dem Jahr 2000 nur noch im Internet erscheint. Steins soll zudem ein enger Freund von Jürgen Elsässer sein, dem Chefredakteuer des rechten Monatsmagazins Compact, das inzwischen zum Sprachrohr der AfD und der Corona-Leugnern geworden ist. Beispielhaft zeigt sich daran, dass die Querdenken-Bewegung inzwischen eine Querfront-Bewegung ist, in der sich Linke wie Rechte, Esoteriker wie Verschwörungserzähler engagieren. "Wir können gerade live verfolgen, wie die teils vom Verfassungsschutz beobachtete Querdenken-Szene in die Mitte der Gesellschaft vordringt, Prominenz und Fans auf ihre Seite zieht, und auch im seriösen Journalismus wildert. Die Kampagne #allesdichtmachen führt unter Umständen zu einem Dammbruch", so Merker.

Kommt nicht gut durch die Pandemie: "Tatort"-Pathologe und Freizeitsatiriker Jan Josef Liefers seziert auf lustige Weise die Corona-Berichterstattung deutscher Medien. Quelle: youtube
Kommt nicht gut durch die Pandemie: "Tatort"-Pathologe und Freizeitsatiriker Jan Josef Liefers seziert auf lustige Weise die Corona-Berichterstattung deutscher Medien. Quelle: youtube
Eine herausragende Rolle in dieser Dramaturgie spielt Jan Josef Liefers. Der "Tatort"-Pathologe verklärte sein Video, in dem er Mainstream-Medien Verlautbarungsjournalismus unterstellt, inzwischen in einer Instagram-"Klarstellung" zum "ironischen Kommentar über Prioritäten von Medien". "Eine da hinein orakelte, aufkeimende Nähe zu Querdenkern u.ä. weise ich glasklar zurück", betonte der Schauspieler kurz nachdem #allesdichtmachen online stand. Es gebe im Bundestag auch keine Partei als die AfD, der er ferner stehe. "Weil wir gerade dabei sind, das gilt auch für Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Corona-Ignoranten und Aluhüte. Punkt." Den schönen Worten folgten aber widersprüchliche Einlassungen, etwa in einem Interview mit "WDR aktuell". Im Gespräch mit Journalist Martin von Mauschwitz hob Liefers - ganz in Querdenker-Manier - darauf ab, dass Redaktionen alternative Studien vermeintlich kompetenter Wissenschaftler unter dem Tisch hielten. Um im nächsten Satz die Mythenverbreitung abzustreiten. Die Interview-Passage im Wortlaut:

v. Mauschwitz: "Sie sagen, da kommen nur Experten zu Wort, die der Regierung nach dem Mund reden. Nehmen Sie nicht wahr, dass wir und andere jeden Tag die Regierung kritisieren, dass jeden zweiten Tag ein Interview da ist mit Leuten, die die Regierung auch sehr hart kritisieren?"

Liefers:
"Doch, das sehe ich, aber auch, dass vieles fehlt. Es gibt weltweit umfangreiche Studien von Leuten, die ihre Hausaufgaben auch gemacht und studiert haben, die über einen Lockdown zu ganz anderen Erkenntnissen gekommen sind als wir. Ich möchte, dass die Regierungsentscheidungen transparenter sind und nicht hinter verschlossenenen Türen. Finden Sie das falsch?"

v. Mauschwitz:
"Ich finde es richtig, aber es ist nicht so, dass es in den Medien nicht vorkommt. Dass wir in den Medien ein bisschen sauer sind, ist die eine Sache. Aber in dem Video bedienen Sie exakt das Narrativ der Corona-Leugner, der Rechtsextremen und "Lügenpresse"-Schreihälse. Und die feiern Sie heute richtig ab. Davon haben Sie sich distanziert heute Nachmittag. Sind Sie wirklich so naiv?"


Liefers:
"Die Distanzierung war nicht heute Nachmittag, sondern schon gestern Nacht. Entschuldigen Sie: Jetzt sagen Sie, dass ich naiv bin. Wissen Sie, wann jemand zu mir gesagt hat: 'Sind Sie so naiv?' Das war … Zentralkomitee in der DDR an der Schauspielschule. Ich kenne solche Fragen. Also: Die Distanzierung fand gestern statt, aus sehr gutem Grund, das ist mir wichtig. Am Ende des Tages ist damit auch alles gesagt."


v. Mauschwitz:
"Sie haben es mit dem Video doch bedient."

Liefers:
"Nein, wir habe nur unsere Sache gemacht, die wir machen wollten. Uns hat ja niemand aufgefordert, könnt ihr uns bitte bedienen. Wie war der Vorwurf genau? Dass wir uns nicht darum kümmern, dass wir Applaus von der falschen Seite bekommen? Das hat man nicht immer in der Hand, das wissen Sie ja."


Wie Brüggemann lässt auch Liefers an Machart und Wirkung der Videos keine Kritik zu. Wer es wie von Mauschwitz dennoch wagt, bekommt den abwegigen Hinweis auf das Unrechtssystem DDR zu hören.


Subtiles Querdenken-Wording á la Liefers: Gesetze werden nicht mehrheitlich "beschlossen", sondern "durchgesetzt". Quelle: Instagram

Ein Nähe zur Querdenken-Szene lässt sich auch bei dem Hintermann "Bernd K. Wunder" rekonstruieren, der mit seiner Firma Wunder am Werk GmbH im Impressum der Homepage von #allesdichtmachen als "Verantwortlicher für den Inhalt" aufgeführt ist. Recherchen des "stern" und "RTL News" ergaben, dass es sich bei dem Mann um Bernd Katzmarczyk handelt, der im Netz mal mit, mal ohne den Zusatz "Wunder" auftritt. So bezeichnete Katzmarczyk im Mai 2020 Befürworter eines Teil-Lockdowns als "Maskenknappen", um anschließend den schon damals widerlegten Vergleich der Grippe mit dem Coronavirus zu ziehen. Im Juli 2020 kommentierte er eine von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach im TV getätigte Aussage zu möglichen Infektionen in Kinos mit den Worten: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Klappe halten." Im Folgemonat postete Katzmarczyk ein Bild von zwei Kindern in einem thailändischen Kindergarten, die in eigenen, durch Folie abgetrennten Bereichen spielen und dabei eine Schutzmaske tragen. Sein Kommentar: "Jeder der sich an dieser Panikmache beteiligt ist daran Schuld! Der Ausdruck Coronazi ist somit absolut gerechtfertigt." Mit dem Begriff "Coronanazi" diffamieren Pandemie-Leugner häufig Menschen, die vor den Gefahren des Virus warnen und die Maßnahmen der Regierung unterstützen. Instagram versah das Posting mit einem Faktencheck-Hinweis zu Covid-19. Gegenüber dem "Focus" räumte Katzmarczyk ein, das Coronavirus anfangs verharmlost zu haben. "Das hat sich geändert. Ich halte Corona mittlerweile für eine gefährliche Krankheit", wird er zitiert.

Allesweggemacht statt allesdichtgemacht: eine Woche nach dem Pauckenschlag findet sich kein einziges der ursprünglich 53 Videos mehr auf der Aktions-Webseite. Auch der dazugehörende youtube-Kanal mit 69.400 Abonnenten leidet unter Schwindsucht. Derzeit lassen sich dort nur noch drei Dutzend Clips zu Gemüte führen. Eindeutiger Favorit: das "Lügenpresse"-Video von Jan Josef Liefers. Es wurde bis heute 1,4 Millionen Mal gesehen. Zu den Übriggebliebenen zählt auch Regisseur Brüggemann, dessen Home-Video bislang auf rund 225.000 Aufrufe kommt.

#allemalhinschauen: 34 Satire-Clips für 80.000 Pandemie-Tote hierzulande. Quelle: youtube
#allemalhinschauen: 34 Satire-Clips für 80.000 Pandemie-Tote hierzulande. Quelle: youtube

Der gesellschaftliche Schaden, den die Aktion angerichtet hat, dürfte dagegen gewaltig sein. Beleidigungen und Bedrohungen, wohlgemerkt von beiden Seiten, schaukelten sich massiv auf. Auch der Autor dieser Recherche wurde mit Hassposts beglückt, nachdem er eine Petition gestartet hatte. Sie, hier zu finden auf change.org, fordert die Intendanten von ARD und ZDF auf, Konsequenzen aus der Video-Affäre zu ziehen. Vor allem, seit immer deutlicher wird, dass die Hauptakteure Querdenkern nahe stehen. Kritiker der Petition unterstellen, dass sie Berufsverbote fordert. Gegenfrage: Die Programmgrundsätze von ARD und ZDF verpflichten die Sender, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu befördern. Ist dies mit Brüggemann und Liefers in Zukunft noch möglich? Und was wäre, wenn ein Bundestagsabgeordneter ein Mülltüten-Video wie Richy Müller gepostet hätte. Wäre er als Volksvertreter weiter tragbar, oder müsste er zurücktreten? Entspräche das "Ein-Aus-Atmen-Video" von Katharina Schlothauer, inzwischen gelöscht und noch hier zu sehen, den Compliance-Regeln eines Unternehmens? Oder wäre die Darstellerin ihren Job jetzt los, würde sie in der freien Wirtschaft statt im Kulturbereich arbeiten?

Solche Fragen stellte auch der WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin. Er hatte auf Twitter geschrieben: "Jan Josef Liefers und Tukur verdienen sehr viel Geld bei der ARD, sind deren Aushängeschilder. Auch in der Pandemie durften sie ihrer Arbeit zum Beispiel für den 'Tatort' unter bestem Schutz nachgehen. Durch ihre undifferenzierte Kritik an 'den Medien‘ und demokratisch legitimierten Entscheidungen von Parlament und Regierung, leisten sie denen Vorschub, die gerade auch den öffentlich-rechtlichen Sendern gerne den Garaus machen wollen. Sie haben sich daher als deren Repräsentanten unmöglich gemacht." Dafür erntete Duin ebenfalls einen Shitstorm - der ihn zur Löschung veranlasste. "Der Tweet heute Morgen war Mist. Inhaltlich überzogen und meiner Rolle als Mitglied im Rundfunkrat nicht angemessen. Meine Kritik, dass angesehene Leute sich leichtfertig in die Nähe von Querdenkern und anderen Trollen begeben haben, bleibt.", schrieb er in einem neuen Tweet.

Heute wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz
nun auch bundesweit Personen und Gruppen in der "Querdenker"-Bewegung beobachtet. Aus Sicht der Verfassungsschützer passen die als extremistisch eingeschätzten Teile der Bewegung in keine der bisherigen Schubladen: Deshalb wurde neben dem Rechts- und Linksextremismus sowie dem Islamismus ein neuer Phänomenbereich mit der Bezeichnung "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" geschaffen.

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